Österreichisches Schauermärchen

DVD-Kritik: Ich seh, ich seh
Bildquelle: 
Praesens Film

Die Zwillinge Elias und Lukas (gespielt von Elias und Lukas Schwarz) warten in einem abgelegenen Haus auf ihre Mutter (Susanne Wuest). Als diese von einer Gesichtsoperation nach Hause kommt, fällt den Jungen schnell auf, dass die von Bandagen verhüllte sich nicht wie ihre Mutter verhält. Langsam beginnen sie zu befürchten, dass die angebliche Mutter eine Betrügerin ist.

 

«Ich seh, Ich seh» ist ein spannender Psycho-Thriller aus Österreich und das Regie-Debüt im Bereich Spielfilm von Veronika Franz und Severin Fiala. Über die Figuren der Zwillinge wird man direkt in die Stimmung des Films gezogen, man sympathisiert mit ihnen und versteht das Misstrauen der Mutter gegenüber. Das ist einerseits den guten schauspielerischen Leistungen und andererseits dem Skript zu verdanken, das jedes Wort bewusst platziert. Das Skript gibt uns ausserdem eine Handlung, mit der wir uns alle identifizieren können, vor der wir alle Angst bekommen können. Dadurch folgt man der Geschichte besonders aufmerksam. Die Kameraeinstellungen und die Bilder der niederösterreichischen Landschaften sind ebenfalls sehr zu loben, sie wirken auf einer ästhetischen Ebene und vermitteln die Abgeschiedenheit der Familie. Diese einsame und abnormale Stimmung wird passend von der Filmmusik unterstrichen, die meist aus schweren, dumpfen und lang anhaltenden Klängen besteht.

 

Es handelt sich bei diesem Film trotz der 99 Minuten um einen relativ langsam aufbauenden Film, besonders in der ersten Viertelstunde, die einen unaufmerksamen Zuschauer etwas langweilen könnte. Wenn man aber aufmerksam und mit dem Typ Film etwas vertrauter ist, fallen einem schnell Dinge auf, die den weiteren Verlaufs der Handlung teilweise absehbar machen. Der letzte Drittel, dessen Effekte zwar überzeugen, fällt leider ein wenig aus dem Rahmen: Während der grössere Teil des Films ein psychologischer Thriller ist, setzen die Filmemacher für den letzten Teil fast ausschliesslich auf extreme Gewalt. Dadurch vernachlässigen sie aber die bis dahin so sorgfältig konstruierte Thriller-Aspekte des Films und bringen ihn zu einem nicht hundertprozentig befriedigenden Ende.

 

«Ich seh, Ich seh» ist hervorragend gedreht und überzeugt mit einer rätselhaften Geschichte, beeindruckenden Bildern und intensiver Musik. Wer langsam voranschreitende psychologische Filme mag, die sorgfältig konstruiert sind und kein Problem mit einfahrender Gewalt hat, wird Gefallen an diesem Film finden.

 

  • Ich seh, ich seh (Österreich 2014)
  • Regie & Drehbuch: Severin Fiala, Veronika Frank
  • Darsteller: Susanne Wuest, Lukas Schwarz, Elias Schwarz, Hans Escher
  • Laufzeit: 99 Minuten
  • Verkaufsstart: 22. Oktober 2015 
Jonas Stetter / Di, 20. Okt 2015